Vom kunstvollen Bücherweben – Der LAUNENWEBER Verlag

Im Herbst 2017 erschien das erste Programm des Ende 2015 in Köln gegründeten LAUNENWEBER Verlags, der gleich mit fünf Reihen durchstartete: LW italica, LW erzählt, LW essay, LW reloaded und LW portrait. Der Verlag steht für Breite und Vielfalt, mittlerweile ist das Programm auf siebzehn Titel angewachsen. Die Bücher haben ein handliches Format, sind sorgfältig ediert, gebunden, fadengeheftet und mit einem Lesebändchen ausgestattet. Wir geben einen kleinen, feinen Überblick.

Die Verleger Christian Berglar und Salvatore Tufano verstehen sich als „Perlentaucher im Meer der Buchstaben“ auf der Suche nach dem Nichtalltäglichen, dem Bereichernden und Belebenden. Das gelingt ihnen mit den bislang publizierten Büchern, die der Webervogel ziert. „Der Webervogel auf unserem Logo verdankt seinen Namen dem kunstvollen Bau seiner tragfähigen Nester, die wie gewoben anmuten. Er gilt als so genannter Kulturfolger, weil er die Nähe zu den Menschen sucht. Dieses Bild ist uns Inspiration für ein Repertoire der besonderen Art: Bücher wie Nester in der Welt menschlicher Gedanken und Entwürfe zu gestalten“, so die Verleger.

Zur erfolgreichsten Reihe hat sich LW italica entwickelt, alle Bücher sind Übersetzungen aus dem Italienischen. Nicola Puglieses Malacqua (2019) ist ein Kultbuch aus dem Jahr 1977, das nun erstmals auf Deutsch vorliegt. Der in Neapel spielende Roman erzählt von einem vier Tage andauernden Regen er bringt Erde und Seelen ins Rutschen und Trudeln. Stilistisch sehr anspruchsvoll, trefflich übersetzt von Barbara Pumhösel (siehe Hotlistblog).
Pumhösel übersetzte auch schon Malanotte – Stimmen in der Nacht (2018) von Marilina Giaquinta, einer sizilianischen Polizistin, die es versteht, das täglich erlebte Unglück der Menschen in einzigartige Literatur zu verwandeln.

 

Ebenso aktuell, in Italien 2016 erschienen, ist der Roman Göttliches Tagebuch (2019) von Giacomo Sartori, übersetzt von Werner Menapace. Hier verliebt sich Gott ausgerechnet in eine Genetikerin, die überzeugt ist, seine Schöpfung verbessern zu können. Als „kosmische Tollerei“ wurde der satirische Roman bezeichnet, als „lustig, traurig, unverschämt und sanft“.

Tiefe Einblicke in das ambivalente Verhältnis der Nachbarn nördlich und südlich der Alpen gibt Roberto Giardinas Lebst du bei den Bösen? Deutschland – meiner Enkelin erklärt (2017).
In Neapolitanische Puppen zeichnet Viviana Scarinci ein Porträt von Elena Ferrantes Welt. In diesem überschneiden sich die beiden Linien LW italica und portrait – der Verlag hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, Berührungspunkten nachzugehen, Sujets aus den anderen Reihen aufzugreifen und so Erkenntnisse und Erfahrungen vertiefend und vielgestaltig zu präsentieren.

Ein ganz anderes Thema, zu finden in der Reihe LW erzählt, umkreist der Roman novopoint grün (2018) des Psychiaters und Psychotherapeuten Daniel Ketteler (geb. 1978), der die erschütternde Geschichte eines alten Mannes erzählt, der sich auf einem Jägerhochsitz zu Tode hungerte. Der Roman ist inhaltlich so präzise, dass er angehenden Psychologen empfohlen wird, er ist aber auch literarisch anspruchsvoll – Literatur, die Grenzen überwindet.

Auf ein wenig beschriebenes Terrain begibt sich Clara Henssen in ihrem Debütroman down (2018). Ihre Protagonistin Jeneke ist an der Schwelle zwischen Mädchen und Frau – an sich kein leichtes Unterfangen, für einen Menschen mit Down-Syndrom ist es noch schwieriger. Mit viel Empathie für die Situation Jenekes und literarischem Geschick gelingt der Autorin ein eindrucksvoller Roman.

Einen Bogen zwischen Essen und Denken schlägt Michael Reitz in seinem gastrosophischen Essay Philomenü (2017 LW essay), über das Anstößige des Denkens denkt Astrid Nettling in Gedankenlosigkeit (2018 LW essay) nach. In der spannenden Reihe LW reloaded sind die Beiträge von Gustav Meyrink für die Satirezeitschrift Simplicissimus in einem Band erschienen (2017). Und Der Geldkomplex (2018) von Franziska Gräfin zu Reventlow aus dem Jahr 1916 liegt hier in einer illustrierten und mit einem Nachwort von Gunna Wendt versehenen Ausgabe vor.

Petra Lohrmann

 

 

 

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